Sue – Die Bücher meines Lebens
Sue wurde 1959 in Ottawa, Canada geboren. Ihr erster Lieblingsautor war Dr. Seuss („The Cat in the Hat“) und vor Freude biss sie ihrem Vater in den Finger, jedes Mal wenn er den schönsten Satz „and the cat was verrrry smart“ vorlas. Frühe Fernsehexzesse gab es mit „Miss Helen“ und dem Wurm Oogly Woogly, der die Vorschulkinder von dem (grün-grau und gewölbten) Bildschirm in den Tag entließ mit der Aufforderung: „And now make me proud!“
In London wurde Sue in den späten Sechzigern in eine progressive Gesamtschule gesteckt. Der Schock über die tägliche Überdosis Realität an der berüchtigten Holland Park Comprehensive brachte sie dazu, sich nach der Schule in einem Versteck unter der Küchenspüle häuslich einzurichten. Während die Eltern nach ihr suchten, verschlang sie die „Kalle Blomquist“ Reihe von Astrid Lindgren, die schrecklichen Schulmädchen von „St. Trinians“ (Ronald Searle), die „Just William“ Reihe von Richmal Compton und die „Chronicles of Narnia“ von C.S. Lewis. Nachdem die Küchenspüle zugunsten eines psychedelisch aufgepeppten Jugendzimmers geräumt wurde, trug „Monty Python’s Flying Circus“ (TV und Print) in der Pubertät wesentlich zur moralischen Unterstützung bei.
Als Anglistin studierte Sue in Bonn Shakespeare, Marlowe und John Donne, Jonathan Swift, Daniel Defoe und arbeitete über englische Satiriker der Aufklärung, was sie viele Jahre später dazu brachte, in Berlin einen Ableger der britischen Sunday Assembly, einer kirchenähnlichen, anti-religiösen Sonntagsveranstaltung, zu gründen. Im Studium interessierte sie vor allem das zwanzigste Jahrhundert mit den Gedichten von T.S. Eliot, Dylan Thomas und Ted Hughes und den ausgeklinkten Romanen von Mervyn Peake und Thomas Pynchon. Ihre Magisterarbeit schrieb sie über die unvollendete Trilogie „The Human Condition“ von Richard Hughes, der in seinen Romanen einen unbedarften Engländer als naiven Chronisten durch das Deutschland des aufkeimenden Nationalsozialismus reisen lässt. Ein zu Unrecht vergessener englischer Autor. Der wichtigste Autor aber war und ist und bleibt für alle Ewigkeit Charles Dickens.
Heute liegen der geniale Edward St. Aubyn, Wolfgang Herrndorf, Heinrich Steinfest und der Duden (Grammatik Band 4) auf ihrem Nachttisch. Seit Sue Deutschunterricht für Flüchtlinge gibt, ist sie von den Absonderlichkeiten der deutschen Grammatik mindestens so fasziniert wie von einem spannenden Roman.